Beobachtung M68 und M83. Ein Ausflug in den Süden

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Andro-Jesus
So, nun endlich habe ich auch mal wieder was zu berichten, von einer netten Beobachtungsnacht am vergangenen Dienstag Abend, der um 21Uhr begann und um 6Uhr endete.

Zur Vorgeschichte: Am Montag Abend habe ich mich ein wenig an M51 heran gewagt, und ein wenig mit meinem 5“ Mak beobachtet und skizziert (zwei dunkle Streifen deuten die  beiden Spiralarme deutlich an, eine leichte Aufhellung ist erkennbar auf der Seite des kleinen Begleiters, der selbst ein deutlich ovales Zentrum aufweist. Wundervoller Anblick, leider bin ich daran gescheitert, die beiden Spiralarme in Gänze zu verfolgen. Ein wenig dunkler, oder mehr Öffnung hätte sein müssen. Aber es war sowas von haarscharf. Geiles Objekt, ich komm ins Schwärmen, verzeiht.).
Danach habe ich ein wenig im Karkoschka geblättert und festgestellt: Da unten, links unterhalb vom Raben schwirren zwei Messierobjekte, Nummer 68 und 83. Zu tief um aus meinem Garten heraus zu beobachten. Aber ich WILL sie zeichnen. Die einzige Möglichkeit: Raus auf den Acker!

Am nächsten Tag hab ich mir auf der Karte einen hübschen Platz gesucht (normalerweise ist mein heimischer Garten meine dunkle Astrostation. Also Neuland diese Nacht). Sachen gepackt und um 21Uhr hin gefahren und aufgebaut.
Mein Beobachtungsplatz war 3 Km entfernt, nahe eines Sportplatzes und 700m von der A81 entfernt mit wundervollem Blick auf die schwäbische Alb. Die Autobahn war gut verdeckt, erst spät ist mir aber aufgefallen, dass sie ein paar KM entfernt eine lässige Biegung nimmt, während der die Autos mich direkt anstrahlen. Das war spät nachts nervig, als ein paar Idioten mit Fernlicht umher gefahren sind, aber nicht zu dramatisch. Ich war zu faul, 100m nach unten zu wandern.

Die erste Überraschung: ich habe das Zodiakallicht gesehen. Jungfräulicherweise zum ersten mal, da ich sonst nie eine solche Horizontsicht genieße und auch erst um Mitternacht meinen Garten beziehe, wenn die Straßenlaternen bald ausgeschaltet werden. Aber hier draußen: Top. Venus hell am untergehen, und darüber eine feine und schwache Lichtpyramiede.

Zum Umfeld einige letzte Worte, bevor es ans eingemachte geht. Ich hatte eigentlich ständig einen leichten Wind um mich. War gut, dann sind meine Okulare nicht eingetaut. Passiert in meinem Garten immer. Ist ein kleines Loch, das die Feuchtigkeit liebt.
Mein Leuchtpunktsucher hat darüber noch den Geist aufgegeben. Ich hab die Objekte also ohne Sucher gesucht. War ein ziemliches herum gurken. Am Teleskop vorbei grob anvisieren, und dann systematisch absuchen, bis was verdächtiges durchs Okular huscht. Am Ende hatte ich etwas Übung, und es ging „relativ“ fix. Wären die Objekte schwächer gewesen, wäre ich allerdings verloren gewesen.

Beobachtungen mit Mak 127/1500, 15mm und 24mm Panoptic + Baader-Barlow-Linse. Also 65 und 100 fache Vergrößerung (bzw. 130 und 200). Himmelshelligkeit 6m3, gute Horizontsicht.

Okay, kommen wir zu den Objekten. Zum aufwärmen kam M101, fast im Zenit stehend, dran - die Feuerradgalaxie. Ich war kurz vor dran sie zu zeichnen, aber ich blieb standhaft. Super teil, bei 60fach, dank dem guten Himmel. Die angaben des Karkoschka stimmen. Deutliches Zentrum und ein enormer Halo. Im Halo selbst stehen einige schwache Sterne, die Nebeldetails vorgaukeln und ziemlich nervig sind. Sie geben der Galaxie auf den ersten Blick ein sehr struckturreiches Bild, was sie leider nicht ganz erfüllt. Dennoch, besonders am südöstlichen Rand lassen sich einige hellere Gebiete erahnen. Ich bin sicher, dass man bei besserem Himmel (so etwa Hochalpen) und Geduld auch die Ansätze der Spiralarme gut erkennen kann. Heute blieb es bei Andeutungen von Flecken. Dennoch ein lohnenswerter Anblick. Nur Zeit sollte man mit bringen. Auch ist hier der dunkle Himmel fast Wichtiger als die Teleskopöffnung, da der Halo sehr schwach ist.

M68 war inzwischen hoch am Himmel. Längere suche, dann ist der Kugelsternhaufen im Blickfeld. Der Karkoschka beschreibt ihn als gut auflösbar, auch deswegen bin ich enttäuscht, ihn so schwach zu finden. Kein vergleich zu seinen großen Brüdern. Der Haufen ist gleichmäßig hell, zum Zentrum hin ist keine auffällige Konzentration zu erkennen. Sehr Monoton, und relativ schwach. Also bin ich auch gleich auf 100fach, und dann auf 200fach rauf, später auf 130fach eingependelt. Anfangs stand der Haufen noch tief, ich hab an Sternen keine auflösen können. Eine Stunde später war das schon anders. Nun erschien der Haufen über die ganze Fläche sehr grob gekörnt. So möchte ich es mal ausdrücken. Auch ca. 10 bis 15 Einzelsterne lassen sich ungefähr auflösen, wobei es keine auffälligen Sternformationen gibt. 6 Sterne habe ich am ende als sicher lokalisiert eingezeichnet. Mehr ist leider nicht drin. Der Karkoscha preist ihn zwar, seine größe entspricht auch dem von M15, aber der Anblick ist bescheiden. Ich schiebe es auf seine sehr geringe Höhe über dem Horizont. Das nimmt einfach eine menge weg, vor allem die Luftunruhen. Weiter im Süden sicher ein schönes Objekt. Zum Vergleich bin ich dann noch zum gleichgroßen M92 geswitcht. Ganz anderer Anblick, sofort sehr hell, deutlich gekörnt mit sehr vielen aufgelösten Sternen. Schade, aber trotzdem ist M68 allein wegen der Nummer einen Besuch wert. Also: ins Beobachtungsbuch eintragen!

Weiter geht es zu M83, einer Balkengalaxie. Wirklich sehr schwach, direkt neben einer auffallenden Kette von drei hellen Sternen gelegen. Sie erscheint auf den ersten Blick sehr Oval, etwa Ost-West Ausrichtung. 60 und 100 fach habe ich vergrößert, um Details heraus zu Kitzeln. Das Zentrum ist deutlich hell, erscheint beinahe Punktförmig. Nach Westen weg ist die Aufhellung sehr schwach aber deutlich zu sehen, bis hin zu einem schwachen Stern. Nach Osten ist das Ganze weitaus undeutlicher. Der Kopf  sagt einem: da muss doch was sein, bei der Form. In der tat erscheint auch was auf, aber äußerst böse schwach. Am Ende meint man manchmal einen sehr schwachen Stern durchblitzen zu sehen, der aber nicht deutlich als Stern zu identifizieren ist. Ein Detail kann es eigentlich kaum sein, dazu war es zu fein. Dennoch ist dort auch eine sehr schwache Aufhellung zu erkennen, die deutlich nicht im Zusammenhang mit dem „Stern“ steht. Nur: der Karkoschka sagt mir, da sind auch Ansätze von Spiralarmen, nur wo? Also gestehe ich, dass ich das Sakrileg begehe, und mir das Bild im Karkoschka anschaue (die Skizze war schon fertig). Ernüchterung. Was ich sehe ist in der Tat nur der Balken der Balkengalaxie. Die Galaxie selbst ist größer, der Himmel wohl zu hell dafür. Ich habs dann mit der genauen Lage nochmal versucht, aber da war nichts zu machen. Nur einmal hab ich kurz gemeint, was zu erkennen. Aber das als sichere Beobachtung zu werten fällt mir nicht ein. Insgesamt trotz der tiefe ein überraschend Detailreiches Objekt. Ich hatte weniger erwartet. Unter südlicherem Himmel sieht das Objekt mit Sicherheit sehr Heiß aus, da kann man dann definitiv auch die Spiralarmansätze sehen (ich werte meine Aufhellung nicht als solchen).

Zuletzt hatte ich noch zeit, M80 zu zeichnen. Ein sehr kleiner Kugelsternhaufen im Skorpion, dafür aber sehr hell und sehr kompakt. Also bin ich gleich mit der Vergrößerung hoch, bis 200fach. Von Anfang an erscheint der Haufen über seine ganze Fläche sehr fein aber deutlich gekörnt. Ein tolles Bild. Der Haufen hat einen sehr hellen Kern, darum herum einen schwächeren Halo, der über die Helligkeit des Kerns beinahe übersehen werden kann, dessen Randpartien aber sehr schön gekörnt sind, und am ehesten aufzulösen. Der Kernbereich macht etwas mehr als etwa 1/3 des Gesamtdurchmessers des Haufens aus. Auf sehr hohen Vergrößerungen meint man, auch eine Hand voll Sterne aufzulösen. Eingezeichnet habe ich nur sehr wenige. Die Sterne sind sehr schwach und sehr fein, es gibt keine auffälligen Vertreter. Ich vermute, es liegt wieder an der geringen Höhe, dass nicht mehr Sterne auflösbar sind, aber auch daran, dass die Einzelsterne unverhältnismäßig schwach gegenüber dem gesamten Haufen wirken.

Das wars dann auch schon. Um kurz nach 4 steigt der Halbmond empor. Den hab ich mir auch noch zu Gemüte geführt, aber die Luft hat da schon ziemlich gewackelt. Kein gutes seeing, darunter haben auch die beiden Kugelsternhaufen gelitten. Dennoch eine gute Ausbeute für die Nacht: drei Skizzen. Bei Zeiten werden die fertigen Zeichnungen nachgereicht.

Ich hoffe, ich habe den ein oder anderen dazu animieren können, sich am Himmel auch einmal in südlichere Gefilde herunter zu wagen. Die nächsten Neumondphasen werden M68 und M83 noch gut zu beobachten sein, allerdings sollte man sich dann auch bald ran halten, wenn man sie noch gut zu Gesicht bekommen möchte.

Vielleicht steuert der ein oder andere auch seien eigenen Beobachtungsbeschreibungen hinzu. Das wäre ja mal ein toller Vergleich dann. Ansonsten genug geschrieben.

Eine gute Nacht und wenig Wolken wünscht
Christian

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Andromedanerin

AW: Beobachtung M68 und M83. Ein Ausflug in den Süden

Hallo Christian,

das klingt ja toll! Einen neuen Beobachtungsbericht habe ich schon lange vermisst und jetzt gibt's gleich einen so ausführlichen. Vielen Dank! Sehr spannend, wie du beschreibst, wie du am Himmel entlang "gereist" bist. Da bekommt man auch selbst wieder Lust, das Teleskop hervor zu holen und zu beobachten. Mal sehen - vielleicht ergibt sich heute oder morgen Abend die Gelegenheit :).

Liebe Grüße,
Sabine :)

P.S.: Auf die fertigen Zeichnungen bin ich schon sehr gespannt!
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Astrofrüchtchen

AW: Beobachtung M68 und M83. Ein Ausflug in den Süden

Hi Christian,

hab grad mal den Anfang gelesen, sehr ausführlich, muss ich glatt heute Abend weiterlesen :D Aber macht definitiv Lust auf eine schöne Beobachtungsnacht, danke! :)

Gruß Sabrina

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Andromedaner

AW: Beobachtung M68 und M83. Ein Ausflug in den Süden

Meno will endlich mein Teleskop haben :-P

Ich fühle mich nicht zu dem Glauben verpflichtet, dass derselbe Gott,  der uns mit Sinnen, Vernunft und Verstand ausgestattet hat, von uns  verlangt, dieselben nicht zu benutzen.

Galileo Galilei
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Andro-Jesus

AW: Beobachtung M68 und M83. Ein Ausflug in den Süden

Habt Dank für euer Lob, das feuert an.

Manu;116561 hat gesagt

Meno will endlich mein Teleskop haben :-P
Keine Angst, wird noch. Muss auch kein großes sein. Ich beobachte routinemäßig mit nur 5". Das ist kein Beinbruch sondern fast schon eine Tugend, und bei guten Ergebnissen zollen einem auch die Kollegen mit den dicken Rohren ihren Respekt ;)


Ansonsten kann ich mich nur widerholen: Wenn jemand eigene Beobachtungsbeschreibungen zu den oben genannten Objekten beisteuern möchte (anderer Himmel, andere Teleskope), dann würde mich das sehr interessieren.

Gruß,
Christian

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Falko ist in der Nutzergruppe 'Administratoren'

AW: Beobachtung M68 und M83. Ein Ausflug in den Süden

Hallo Christian,

wirklich schöner Bericht, der mal wieder zu einer Beobachtungsnacht anspornt. Muss nur das Wetter wieder etwas beständiger werden …

Freue mich schon auf deine Zeichnungen :)

Liebe Grüße
Falko
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Andromedaner

AW: Beobachtung M68 und M83. Ein Ausflug in den Süden

Hi,

wow super ausführlich. Musste das direkt zweimal Lesen:).
Das beschämt mich mich direkt so inaktiv zu sein. Aber es motviert auch .
War ja erst mit Peter am FR auf der Sternwarte. Da haben wir…oder besser gesagt er ^^ sich Jupiter und Saturn als Fotographie Opfer gekrallt ;)
Man darf gespannt sein wie das wird- zumal das seeing suboptimal war…


Grüße,

“Ja, es kann so schnell geschehen… Das Leben, das wir kennen, kann sich in nur einem Augenblick ändern. Ungewöhnliche Freundschaften können aufgegeben werden, eine lange verlorene Hoffnung kann wieder geweckt werden. Doch wir sollten dankbar für alle Veränderungen sein, die das Leben für uns bereit hält. Denn allzu bald schon wird der Tag kommen an dem keine Veränderungen mehr möglich sind…
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Andromedaner

AW: Beobachtung M68 und M83. Ein Ausflug in den Süden

Lutz(ifer);116563 hat gesagt


Keine Angst, wird noch. Muss auch kein großes sein. Ich beobachte routinemäßig mit nur 5". Das ist kein Beinbruch sondern fast schon eine Tugend, und bei guten Ergebnissen zollen einem auch die Kollegen mit den dicken Rohren ihren Respekt ;)


Naja ich kriege ja jetzt mein 8" Dobson das wird sicher lustig, ich mein ich muss mich ja erst mal mit dem auffinden auseinander Setzen.

Ich fühle mich nicht zu dem Glauben verpflichtet, dass derselbe Gott,  der uns mit Sinnen, Vernunft und Verstand ausgestattet hat, von uns  verlangt, dieselben nicht zu benutzen.

Galileo Galilei
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