Hans Hardts Mondfahrt

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Peter Maier ist in der Nutzergruppe 'Moderatoren'
Hallo Leute,

mit diesem Thema möchte ich euch eine alte Geschichte von 1928 (!) vorstellen, die von dem deutschen Autor Otto Willi Gail geschrieben wurde und von der ersten bemannten Mondlandung erzählt.
Es war der erste und einer der wenigen Romane, die ich von Anfang bis Ende mit großer Spannung laß - mein absolutes Lieblingsbuch. :)
Nachdem ich anfangs nur in Besitz einer neueren Ausgabe (ohne Illustrationen) von 1954 war, konnte ich neulich noch eine weitere bebilderte Ausgabe mit unbekanntem Jahrgang und schließlich sogar noch die Erstausgabe von 1928 mit sehr schönen Zeichnungen und altdeutscher Schrift erstehen.
Für mich ist dieses Buch ein Paradebeispiel dafür, dass Science-Fiction tatsächlich Zukunft vermitteln kann. Was heute noch als Utopie gilt bzw. als "fiktive Wissenschaft", könnte in Zukunft auch umgesetzt werden. So gab es auch schon vor knapp hundert Jahren konkrete Pläne für den Flug zum Mond. Jedoch scheitern solche Pläne in der Realität meistens nur an bestimmten, noch ungelösten Problemen. Leonardo Da Vinci zum Beispiel hatte schon im 14. Jahrhundert einen flugtauglichen Hubschrauber konstruiert, der jedoch nicht gebaut werden konnte, weil damals Materialen mit den nötigen Eigenschaften einfach noch nicht zur Verfügung standen.
In unserer heutigen Zeit spielt jedoch zunehmend die Politik eine entscheidende Rolle, die wesentlich über die wirtschaftliche und damit auch wissenschaftliche Entwicklung entscheidet.


Oben: Die illustrierte Erstausgabe von 1928 in altdeutscher Schrift

Otto W. Gail wurde 1896 in Gunzenhausen/Mittelfranken geboren und starb 1956. Er arbeitete als Rundfunkreporter und schrieb nur drei Romane aus dem Science Fiction-Bereich, traf damit aber offenbar den Nerv der Leser und wurde dadurch auch recht bekannt. Seine Romane zeugen durch seine Bekanntschaft mit Max Valier, einem deutschen Raketenpionier, und durch sein Studium auf den Gebieten der Elektrotechnik und Physik von technischer Präzision und Weitsicht. Gleichzeitig verstand er es, sachliche Informationen und Erklärungen zu physikalischen Phänomenen (z.B. Schwerkraft) in eine lebhafte Erzählung einzubinden, voller Spannung und auch mit nettem Humor. So zählt "Hans Hardts Mondfahrt" zu den ersten Jugendbüchern, welche die Erkenntnisse moderner Raumfahrt- und Raketenforschung zur einer zwar technisch möglichen, aber - für die damalige Zeit - utopischen Erzählung verarbeitet. Sprich: ein klassischer Science-Fiction-Roman!


Oben: Otto Willi Gail (links), 1896-1956

Aber kommen wir nun zur eigentlichen Geschichte - der ersten bemannten Reise zum Mond!

Alles fängt damit an, als der rasende Reporter Tommy Bighead aus Detroit, wiedermal einer heißen Story auf der Spur, unterwegs von einem merkwürdigen Unbekannten aufgehalten wird, welcher im eine Flasche Münchner Exportbier in die Hand drückt. Der Fremde, der sich als Hans Hardt vorstellt, bittet dafür nur um eine Sache: Tommy Bighead soll den Empfang der Flasche bestätigen.
Als dieser kurze Zeit später in die Redaktion zurückkehrt und erstaunt feststellt, dass das Bier noch kühl ist und die Zeitung, in welche die Flasche gewickelt war, eine deutsche Zeitung mit Datum von heute ist, zu dieser Zeit jedoch das schnellste Schiff von Europa nach Amerika tagelang unterwegs war, ist es schon zu spät. Der seltsame Hans Hardt aus Deutschland hat sich bereits wieder auf den Weg gemacht. Doch der erfahrene Reporter Tommy Bighead wittert die Story seines Lebens und beschließt, der Sache auf den Grund zu gehen. Also macht er sich sofort wieder auf den Weg und sucht den Ort auf, wo er Herrn Hardt kürzlich begegnet ist…

~Textauszug~
Tommy war schon weg, in großen Sätzen rannte er den Hang hinauf, und Tiller lief ihm keuchend nach. Auch die vier Männer, die am Wagen arbeiteten, hielten inne und blickten interessiert nach Osten. Ein scharfes pulsierendes Sausen klang über die Felder. Dann war es wieder still.
"So warten Sie doch!" rief Tiller dem behenden Reporter nach.
"Keine Zeit!" gab der im Laufen zurück. "Da drüben - in der Mulde hinter dem Hang - da steckt Hans Hardt - und er treibt da irgendwas mit dem Alkohol - -"
Wieder setzte das heftige Sausen ein, stärker als vorher, und ging in ein starkes, fauchendes Heulen über.
"Da, sehen Sie!" brüllte Tommy und blieb schwer atmend stehen.
Knapp tausend Meter weiter östlich schwebte ein nicht sehr großes Flugzeug über dem Rand der Anhöhe, und die Tragflächen blitzten in der Sonne.
"Zu spät!" Tommy sah enttäuscht und mit offenem Munde der Maschine nach, die in steiler Kurve vor einer weißlichen Rauchfahne emporstieg und dabei ihr Tempo zusehens beschleunigte.
"Sonderbarer Typ!" sagte Tiller, der den Kollegen eingeholt hatte. "Ein starker Rumpf an so unverhältnismäßig kleinen Tragflächen! Und haben Sie jemals einen Propeller so schrill fauchen und pfeifen gehört?"
"Das ist keine Propellermaschine, Mister Tiller! Die schwanzlose Bauart und die stark nach hinten gezogenen Flügel deuten auf Strahlantrieb durch Turbokompressoren. Aber keine Turbine hinterlässt solche dichte Nebelschwaden." […]
Bald schwebte das Flugzeug so hoch, daß Einzelheiten nicht mehr zu erkennen waren. Aber die beiden Männer ließen es nicht aus den Augen, und sie mußten den Kopf tief in den Nacken legen, um die weiteren Bewegungen des rätselhaften Flugzeugs noch verfolgen zu können.
"Ich kann mir gar nicht vorstellen", meinte Tiller nach einer Weile, "wie dieses Ding in neunzig Minuten eine Strecke von fast achttausend Kilometer überwinden will. Sher viel rascher als unsere Schnellverkehrsflugzeuge fliegt es offenbar auch nicht."
"Irgend etwas kommt da noch", erwiderte Tommy, ohne den Kopf auch nur einen Augenblick zu senken.
"Zu dumm, daß wir kein Fernglas mitgenommen haben. Mit bloßem Auge werden wir jetzt nichts mehr erkennen als einen dunklen Punkt am Himmel."
"Doch, doch", fiel Tommy aufgeregt ein. "Da - sehen Sie das Blitzen?"
"Es wird eine Spiegelung der Sonnenstrahlen sein!"
"Nein, nein! Das Ding explodiert - -"
Hinter dem Flugzeug hatte es hell aufgeblitzt, und nun schien sich der Punkt am Himmel zu vergrößern. Aber es war nur eine dichte Rauchwolke, die stark aufquoll und sich dann schnell verteilte. Und jetzt kam auch der Schall ferner Detonationen an, die jedoch bald wieder erstarben.
Die Flugmaschine selbst aber war verschwunden. Sosehr auch die beiden Männer ihre Augen anstrengten, sie konnte nichts mehr am Himmel entdecken als graue Qualmstreifen, die sich mehr und mehr in die Länge zogen und allmählich im Winde verwehten.

(Zitat Ende)




Die Männer suchen fieberhaft, sich die Ereignisse zu erklären, und schließlich kommt Tommy Bighead zu dem Schluss, Hans Hardt müsse einen Doppelgänger in den USA haben, der vorgibt, über den Atlantik geflogen zu sein. Und tatsächlich trifft er kurze Zeit später auf den sicheren Dr. Alexander Hardt, der jedoch der Bruder des geheimnisvollen Piloten ist. Von ihm bekommt Bighead eine Einführung in die Wunder des Raketenflugs. Außerdem erfährt er, dass Hardt nach dem Atlantiküberflug das nächste Ziel anstrebt - den Mond!

~Textauszug~
"Sie wissen doch, was eine Rakete ist?"
"Natürlich! Jedermann hat Raketen bei einem Feuerwerk gesehen. Und im ersten Weltkrieg hat man Raketen-Geschosse auf viele hundert Meilen fortgesandt."
"Nun - mein Raumschiff wird nichts anderes sein als so eine Rakete, nur in sehr viel größeren Dimensionen. Eine Rakete ist im wesentlichen ein mit hochwertigen Brennstoffen gefüllter Behälter. Im unteren Teil befindet sich ein birnenförmiger Verbrennungsraum, un darin werden nach und nach die Treibstoffe zur Entzündung gebracht. Die dabei entstehenden Verbrennungsdgase entweichen mit großer Gewalt durch trichterförmige Düsenöffnungen ins Freie, un unter dem Rückdruck dieses Gasstromes setzt sich die Rakete selbst in entgegengesetzter Richtung in Bewegung. Und da ja diese Bewegung lediglich auf den inneren Kräften des Rückstoßes beruht, ist sie von der umgebenden Luft völlig unabhängig. Gerade im völlig leeren Raum, wo jedes andere Triebwerk versagen muß, entwickelt die Rakete erst ihre volle Leistung. […] Das ist im Grunde alles!"
"Gut! Das verstehen alle meine Leser. Aber warum hat man niemals eine Mondrakete gebaut, wenn das so einfach ist?"
"Du lieber Gott", erwiderte Hardt lachend, "einer mußte eben den Anfang machen, und das bin zufällig ich. Doch so einfach, wie Sie meinen, ist die Sache durchaus nicht. Und daß bisher noch niemand zum Mond flog, hat gute Gründe!"
"Wo liegt die Schwierigkeit? Im Weltenraum? Wie kann ein Mensch da leben, wo ihm alles fehlt: Luft, Druck, Wärme - -"
"Nun, das wäre schon vor fünzig Jahren kein Problem mehr gewesen. Man konnte ja damals schon Druckkammern mit künstlicher Luft und Heizung bauen. Ich nehme in der Kabine meines Raumschiffes einfach ein Stück Erde mit - mit allem, was zum Leben gehört. Nein, die einzige wirkliche und grundsätzliche Schwierigkeit liegt im Treibstoff. Er muß eine so hohe Energie enthalten, daß die Verbrennungsgase durch die Düsen mit einer Strömungsgeschwindigkeit von etwa viertausend Meter pro Sekunde austreten. Die bekannten festen Pulversorten genügen da bei weitem nicht, und es hat lange gedauert, bis mir eine Raketenkonstruktion gelang, welche die Verwendung der viel wirksameren flüssigen Kraftstoffe erlaubt und eine genügend feine Regulierbarkeit der Düsentätigkeit sicherstellt."
"Aha, der Alkohol!"
"Alkohol ist war bei weitem nicht der ideale Treibstoff, aber er ist in Verbindung mit Sauerstoff immerhin fünfzig Prozent energiereicher als Dynamit. Bisher hat er sich nicht schlecht bewährt."
"Und damit also haben Sie Ihr Flugzeug in neunzig Minuten über den Atlantik getrieben? Aber das war doch keine Rakete, oder doch?"
"Ich habe in ein schwanzloses Strahltrieb-Flugzeug versuchsweise eine Anzahl von Alkohol-Düsenaggregaten eingebaut, und damit habe ich eine Spitzengeschwindigkeit von etwas über dreitausend Meter in der Sekunde erreicht."
"Man wird also künftig in Alkohol-Raketenflugzeugen über die Ozeane fliegen!"
"Das glaube ich nicht. Für den Reiseflugverkehr wird der Raketenantrieb praktisch wohl nie in Frage kommen. Der Brennstoffverbrauch ist zu groß und der Betrieb daher zu unwirtschaftlich. Und für jede extreme Geschwindigkeiten, bei denen die Rakete erst wirtschaftlich zu arbeiten beginnt, ist - unsere Erde zu klein!"
"Wieso zu klein? Es wäre doch wundervoll, wenn man in zwanzig Minuten von New York nach Kapstadt fliegen könnte!"
"Das wird wohl niemals möglich sein. Wie soll ich Ihnen das erklären?" Hans Hardtgriff nach einem Blatt Papier, um seine Worte durch eine flüchtige Skizze zu erläutern. "Denken Sie, dies sei die Erde, darauf ein hoher Berg, so hoch, daß er über die Lufthülle hinausragt - und auf diesem Berg steht ein Geschütz, das eine Granate in waagrechter Richtung abfeuert. Unter dem Einfluß der Erdanziehung wird das Geschoß eine nach unten gekrümmte Bahn durchlaufen, bis es auf dem Boden aufschlägt. Schießt man nun eine Granate mit einer höheren Anfangsgeschwindigkeit ab, so wird sie eine längere Flugstrecke durchlaufen."
"Natürlich! Je kräftiger der Abschuß, um so weiter die Geschoßbahn, das ist klar!"
"Diese Steigerung hat aber eine bestimmte Grenze. Beträgt nämlich die Mündungsgeschwindigkeit achttausend Meter in der Sekunde, also etwa das Sechs- bis Siebenfache der größten Schiffsgeschütze, so wird die Flugstrecke so weit, daß sie um den ganzen Erdball herumführt. Die Granate schlägt überhaupt nicht mehr auf den Erdboden auf; sie fällt gewissermaßen um die Erde herum und umkreist unaufhörlich unseren Planeten wie ein kleiner Trabant. Wird nun die Abschußgeschwindigkeit noch weiter erhöht, dann streckt sich die Kreisbahn zur Ellipse, und das Geschoß entfernt sich von der Erde. Verstehen Sie nun, weshalb so extreme Fluggeschwindigkeiten für den irdischen Reiseverkehr nicht möglich sind? Eine Fortbewegung von achtausend Meter in der Sekunde ist eben das Äußerste, was die Erde mit ihrer Anziehungskraft gerade noch an ihre Kugelrundung zu binden vermag."
"Das ist sehr schade!"
"Ich finde im Gegenteil, daß dies gut so ist. Denn sonst müßte ja wohl der Vorstoß in den Weltenraum ein ewig unerfüllbarer Wunschtraum bleiben."
"Jedes Ding also wird ein Raumschiff sein, wenn es schneller fliegt als achttausend Meter per Sekunde?"
"Sie haben mich gut verstanden, Mister Bighead. Es handelt sich in der Tat nur darum, eine genügend hohe Geschwindigkeit zu entwickeln, dann ist das Problem gelöst. Freilich darf diese Geschwindigkeit nicht plötzlich in einem Geschützrohr entstehen, sondern sie muß so allmählich herbeigeführt werden, daß nicht nur das Material, sondern auch Menschen den Andruck aushalten können. Und diese Aufgabe kann einzig und allein die Rakete erfüllen. Die Düsen müssen so lange arbeiten, bis sich die Fahrgeschwindigkeit auf das erforderliche Maß hinaufgesteigert hat. Dann ist ihre Aufgabe erfüllt; das Raumschiff fliegt ohne weiteren Energieaufwand hinaus in den Weltenraum und beschreibt eine kosmische Bahnkurve, die allein von den Gesetzen der Gravitation bestimmt wird und sich genau berechnen läßt. Beträgt die Startgeschwindigkeit elftausend Meter pro Sekunde, so ergibt sich eine Ellipse, die so weit gestreckt ist, daß sie den Mond mit einschließen kann. Das Raumschiff wird also den Mond umfliegen und ganz von selbst wieder zur Erde zurückkehren."
"Großartig! Und das alles haben Sie entdeckt?"
Hans Hardt hob abwehrend die Hand. "Aber nein! Schon zu Beginn unseres Jahrhunderts sind die Reisewege künftiger Weltraumschiffe so genau berechnet worden, daß uns da nichts mehr zu tun übrigblieb. Freilich scheiterten damals in den zwanziger Jahren all die schönen Pläne an der Unmöglichkeit, die erforderliche Geschwindigkeit von elf Kilometer in der Sekunde wirklich zu erzeugen."
"Und das ist jetzt möglich?"
"Ich denke, ja! Bei meinem Probeflug über den Atlantik hat mein Raketenflugzeug mit Alkohol und Sauerstoff über drei Kilometer in der Sekunde erreicht und - -"
"Das ist aber noch nicht genug?"
"Bei weitem nicht! Diese flugzeugartige Maschine ist ja auch nicht für die Fahrt ins All bestimmt. Die Tragflächen würden im leeren Raum unnützer Ballast sein, und die Alkoholfüllung, die wegen ihres Gewichtes für die Durchbrechung der Luft recht gut ist, wäre viel zu schwach. Dieses Raketenflugzeug - oder vielmehr ein größeres, das eben jetzt gebaut wird - soll lediglich als Hilfsmaschine für den Start des eigentlichen Raumschiffes dienen. Sie wird die Mondrakete auf den Rücken nehmen und in eine Höhe von dreihundert Kilometer hinauftragen, also in eine Region, in der nur mehr schwache Spuren von Luft vorhanden sind. Und dort erst vollzieht sich der endgültige Start. In dem Augenblick, in dem das Trägerflugzeug seine Höchstgeschwindigkeit von drei Kilometer in der Sekunde erreicht, löst sich von ihm die Raumrakete los, die ja nun keinen nennenswerten Luftwiderstand mehr zu überwinden hat und mit ihrer Sonderfüllung die schon vorhandene Geschwindigkeit leicht um weitere acht Sekundenkilometer zu steigern vermag. Während das Hilfsflugzeug mit leeren Tanks wieder zur Erde niedergeht, schießt die glatte, flügellose Rakete hinaus über den Bannkreis der Erde."

(Zitat Ende)

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Peter Maier ist in der Nutzergruppe 'Moderatoren'

AW: Hans Hardts Mondfahrt

Schließlich erhält der Reporter Tommy Bighead eine Einladung nach Europa, wo er die Werkstätte von Hardt am Ufer des Bodensees besichtigen kann. Dort lernt er das Laboratorium und die Konstruktion des Raumschiffes näher kennen, sowie einige andere Mitwirkende des Projekts. Bighead wird u.a. auch Zeuge beim Test der Raumanzüge in der Vakuumkammer und bei Experimenten mit den künftigen Raumfahrern in der Zentrifuge.



Und bald ist der große Tag gekommen und die Hans Hardts Raumschiff startet in einer klaren Nacht am Bodensee zu seiner langen Reise zum Mond.

~Textauszug~
An der Umzäunung des Startgeländes hatte sich inzwischen eine immer mehr anwachsende Menschenmenge versammelt. Stunde um Stunde standen die Leute dichtgedrängt an den Stellen, von denen aus ein Blick auf den Platz möglich war - auf die wuchtige, kahle Halle, die das Raumschiff barg, oder auf den von der Halle auslaufenden Schienenstrang der Startbahn, die sich wie ein breiter Eisenbahndamm, viaduktartig die Senkungen überspannend, auf die östlichen Hänge hinaufzog.
Die frühe Dämmerung des Wintertages brach schon herein, als endlich Hans Hardt am Startplatz vorfuhr. Mit ihm saßen Doktor Alexander Hardt, Geheimrat Kampfhenkel und Tommy Bighead im Wagen. […]
ein Raunen lief durch die Zuschauermenge, als der Wagen am Tor der Raumschiffhalle hielt. Der Anderl, wie immer in der Trach seiner bayerischen Bergheimat, öffnete den Schlag.
"Das Raumschiff "Wieland" ist klar zum Start", meldete er, und seine Stimme war so ruhig, als handle es sich um eine Motorbootfahrt über den Bodensee.
Hans Hardt ging dann mit seinen Begleitern in die Halle, die durch elektrische Scheinwerfer taghell erleuchtet war.
Da stand die gewaltige Maschine.
Das eigentliche Raumschiff war ein dreißig Meter langer Metallkörper von der Form eines dicken Geschosses. Die kegelförmige Spitze war rings mit runden Bullaugenfenstern versehen. Das glatt abgeschnittene Ende der Rakete bestand aus einem System von großen und kleinen Öffnungen, die wabenartig nebeneinander lagen. Über dieses Düsenaggregat hinaus ragten vier mächtige Flossen, deren Enden schwenkbar waren und durch ihre Bewegung gegen den Strom der Auspuffgase die Steuerung des Schiffes erlaubten. Auffallend war die Zweiteilung des Oberflächenanstriches. Die eine Hälfte des zylindrischen Rumpfes war der Länge nach von der Spitze bis zur Düse spiegelblank poliert und warf das Licht der Scheinwerfer in seltsam verzerrten Reflexen zurück an die Hallenwände; die andere Seite aber war rauh und tiefschwarz gestrichen.
Mit der schwarzen Seite nach unten lag die Rakete zwischen den beiden Rümpfen eines riesigen schwanzlosen Flugzeuge, dessen Schubdüsen in die Rumfenden und die Flügelansätze eingelassen waren, wie bei der Maschine, mit der Hans Hardt den Atlantik überquert hatte.
Auf ein Zeichen Hardts sprangen die Tore der Halle auf, grelles Licht überflutete den Startplatz, und langsam, ganz langsam setzte sich die Maschine in Bewegung. Von einem starken Elektrokarren gezogen, glitt sie auf ihren Rollschuhen über die Geleise der Startbahn hinaus ins Freie.



Brausender Jubel der Zuschauermenge begleitete das Raumschiff auf seiner ersten Ausfahrt. Dann stand es wieder still. Doch in seinem Inneren wurde es lebendig. In den Rundfenstern an der Spitze flammte Licht auf, Lukendeckel klappten, und leichte Metallleitern senkten sich zum Boden herab.
Auf der Rundfunktribüne begannen die Berichter ihre Schilderungen; in sechs Sprachen strahlten die Reportagen um den ganzen Erdball, und in den Städten und Dörfern aller Erdteile, an hundert Millionen Radioempfängern, hörten weiße, gelbe, braune, schwarze Menschen zu und nahmen teil an jeder Phase des Geschehens am Bodensee im Herzen des alten Europa.

(Zitat Ende)



Der Start der "Wieland" steht kurz bevor. Doch vorher führt Hans Hardt noch einige ausgewählte Pressevertreter durch die Raumrakete und erklärt ihnen die wichtigsten Einrichtungen an Bord des Schiffs.
Danach ist alles bereit zum Start.

~Textauszug~
[…] Atemloses Schweigen lag nun über der Zuschauermenge. Aller Augen hingen an der im Scheinwerferlicht gleißenden Maschine.
Auch die Rundfunkberichter an den sechs Mikrophonen schwiegen und mit ihnen die Millionen an den Radio- und Fernsehempfängern. Die Menschheit hielt den Atem an.
Noch einige Sekunden, dann erloschen die Scheinwerfer, und gleichzeitig krachte ein Schuß, das verabredete Zeichen zum Start. Ein Zittern ging durch das riesige Flugzeug, un schrilles Heulen gellte über den Platz. Instinktiv duckten sich die Menschen. Die Nebendüsen waren angelassen worden udn stießen feurig flammende Gaskegel nach hinten. Langsam fuhr die Maschine auf den Geleisen der Startbahn an, aber mit jeder Sekunde wurde die Fahrt schneller; mit der Geschwindigkeit eines Rennwagens bereits nahm das Flugzeug die Steigung, jagte den Hang hinauf, nach zehn Sekunden stürmte es an der Kilometermarke vorüber und stieß dann über die Rampe hinaus in die Luft. In flachem Winkel raste die Maschine schräg nach oben. Von Sekunde zu Sekunde wurde sie kleiner, und das sausende Heulen der Düsen kam nur mehr schwach aus der Ferne her. Aber plötzlich verstärkte es sich aufs neue: das Trägerflugzeug hatte Vollgas gegeben, sämtliche Düsen hatte nsich entflammt, und eine breite Feuergarbe stand wie ein Kometenschweif hinter dem davonschnellenden Schiff. Ihr Lichtschein überflutete die Gesichter der Menschen, die mit weit offenen Augen auf das unheimliche Spiel am Nachthimmel starrten.



Doch zusehens schrumpfte der Glutstrahl zusammen, und bald erschien das Raumschiff nur mehr wie ein glühender Punkt am Osthimmel, fast wie ein heller Stern.
Noch nicht fünf Minuten waren vergangen, da erlosch der Stern mit einemmal, und nur durch gute Gläser war noch ein schwaches Glimmen zu erkennen.

(Zitat Ende)


Fortsetzung folgt!
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#15337
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AW: Hans Hardts Mondfahrt

Uff ganz schön viel Text. Habs mir mal ausgedruckt ums später zu lesen :)
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#15429
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Falko ist in der Nutzergruppe 'Administratoren'

AW: Hans Hardts Mondfahrt

Hallo Peter!

Will nur mal sagen, dass ich das Buch sehr interessant finde. Wirklich unvorstellbar, was die damals schon für Ideen hatten. Das ist echt der Hammer. Auch die ganzen Erklärungen sind einfach nur super. Danke für die Arbeit :up: Und bitte, bitte weiterschreiben. Ich denke mal die anderen finden es genauso interessant.

Gruß
Falko
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#15431
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Andromedaindianer

AW: Hans Hardts Mondfahrt

Falko hat gesagt

 Danke für die Arbeit :up: Und bitte, bitte weiterschreiben. Ich denke mal die anderen finden es genauso interessant.
 

Jawollja!

"Zwei Dinge sind unendlich: Das Universum und die menschliche Dummheit,
aber bei dem Universum bin ich mir noch nicht ganz sicher."

http://www.ferkelprotest.de/
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#15949
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AW: Hans Hardts Mondfahrt

Habs schon vor längerem gelesen, aber vergessen zu posten :rolleyes:
Ist wirklich sehr gut geschrieben! Danke für die Vorstellung, Peter :)
Eine Fortsetzung wär toll.
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#16201
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Site director
Falko ist in der Nutzergruppe 'Administratoren'

AW: Hans Hardts Mondfahrt

Jep, bitte ebenfalls um Fortsetzung. Bitte, bitte weiterschreiben  :remo:

Gruss
Falko
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#16203
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AW: Hans Hardts Mondfahrt

Hab das Buch letztens bei ebay gekauft, leider ist es noch nicht angekommen:mad:
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