Spiegelschleiftagebuch Revival

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Tobi ist in der Nutzergruppe 'Moderatoren'
Hallo Zusammen,

heute habe ich mal ein staubiges Stück Glas aus dem Keller gekramt… aus dem sollte mal vor so ziemlich genau 3 Jahren ein 150/1200mm (6" f/8) Planetenspiegel für einen Dobson werden und damals hatte ich ein Spiegelschleiftagebuch geschrieben: >>Klick<<

Nun, was habe ich mit dem guten Stück gemacht? Es war ja "damals" immerhin schon fertig geschliffen und ich hatte mit der Politur angefangen, doch heute ging ich dem Teil mit Karbo 80, einem äußerst grobkörnigen Schleifmittel an den Kragen und zerstörte mein damaliges Werk :D.
Das Ergebnis nach einer längeren Schleifsession war ein Krümmungsradius von 1900mm (1,90m), der Spiegel hatte davor über 2400mm (2,40m). Astronomisch ausgedrückt habe ich die Spiegelmitte weiter vertieft von ursprünglichen 1200mm Brennweite auf nun 950mm Brennweite - das Öffnungsverhältnis schrumpfte von etwa f/8 auf nun f/6,3. Dem nicht genug, ich möchte mehr (bzw. weniger… je wie man es sieht ;) ).
Der Spiegel soll zwischen f/3 und f/4 landen und somit zwischen 450 und 600mm Brennweite bekommen.
Der Sinn? Ganz einfach: Ein "kleiner" 6" Sucher für mein nächstes Spiegelschleifprojekt :D.

Sobald es weiter geht, gibts Bilder. :)

Viele Grüße und clear skies,
Tobi

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Andro-Jesus

AW: Spiegelschleiftagebuch Revival

Tobias Dietrich;113412 hat gesagt

Der Sinn? Ganz einfach: Ein "kleiner" 6" Sucher für mein nächstes Spiegelschleifprojekt :D.

Wenn 6" ein "kleiner" sucher sind, will ich nicht wissen, wie das eigentliche Teleskop aussehen wird…
Okay, doch, ich will es Wissen. Spannende Sache auf jeden Fall. Ich hoffe daraus wird was :)

Gruß,
Christian

Meine Zeichnungen gibt es auf:
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AW: Spiegelschleiftagebuch Revival

Hallo Christian,

war schon zu lesen… Ich plane 24" im Selbstschliff. Nach dem "Sucher" hier folgt erst einmal ein 6" Planspiegel für den 24 Incher… und wenn ich sowohl den Sucher mit f/3 bis f/4 und einen 6" Planspiegel (Fangspiegel) hinbekommen habe, traue ich mir die 24" zu. :D

Heute habe ich wieder etwas geschliffen. Wenn ich mich recht entsinne war der letzte Krümmungsradius 1750mm - das entspricht 875mm Brennweite und soit einem Öffnungsverhältnis von f/5,8… Hoffentlich kommt morgen der Karbonachschub, sonst wirds bald eng mit dem Schleifzeugs was ich noch hier habe :D.

Viele Grüßles,
Tobi

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AW: Spiegelschleiftagebuch Revival

13. April 2008:

Leider ist das bestelle grobkörnige Karbo 80 nicht am Samstag angekommen und daher musste ich mit dem feineren Karbo 180 weiterschleifen, was natürlich ziemlich zeitaufwändig ist. Karbo 180 ist etwa 3x feinkörniger als Karbo 80 und daher schätze ich auch den Zeitaufwand 2-3x höher als wie mit Karbo 80.

Ich bin noch immer am Aushöhlen des Spiegels, um die angepeilte Pfeiltiefe (die benötigte Vertiefung in der Spiegelmitte) zu erreichen.
Dieser Vorgang ist recht monoton, aber man kann da etwas Tempo machen und dann schläft man dabei wenigstens nicht ein. Zum Aushöhlen liegt das Fliesenstück unten und der Spiegel oben darauf und es wird immer Spiegelmitte über Fliesenkante geschliffen. So erhält der Spiegel die benötigte konkave Form (die Mitte ist tiefer als der Rand - Tal) und die Fliese im Gegenzug eine konvexe Form (Mitte ist höher als der Rand - Berg):


Nun gut, wie kann man dies sichtbar machen? Ganz einfach: Man macht ein Eddingkreuz auf den Spiegel und auf die Fliese. Nun schleift man… dort, wo die Eddingstriche verschwinden, wird Material von der Fliese und vom Spiegel abgetragen, da wo Eddingstriche zurückbleiben, wird nichts abgeschliffen.
Die Fliese schaut nach einer Runde Karbo 180 (ca. 1-2min) folgendermaßen aus:

In der Mitte "steht" das Kreuz noch, während es am Rand nicht mehr zu sehen ist. Daraus kann man folgern, dass die Mitte immer gleich bleibt und der Rand immer weiter abgetragen wird - unser "Berg" wird also immer steiler. Im Gegenzug wird der Spiegel immer "tiefer" und die Brennweite daher kürzer, weil man ja immer den Spiegel gegen die Fliese schleift. Ändert man allerdings die Schleiftechnik (oder schleift die Fliese auf dem Spiegel und nicht umgekehrt), ändert sich auch der Abtrag an den jeweiligen Stellen. So kann man als Spiegelschleifer ganz genau kontrollieren, wo Material stehen bleiben und wo Material abgetragen werden soll. Es steckt also etwas Taktik hinter der ganzen Geschichte ;).
Soweit mal für die Leute, die sich fragen wie man überhaupt einen Spiegel schleifen kann.

Meine letzte Messung war: 875mm Brennweite, f/5.8 Öffnungsverhältnis
→ ca. 1,61mm Pfeiltiefe

Heute befand ich mich etwa 3 1/2 Stunden an der Werkbank und schliff wie gesagt mit Karbo 180 als Notlösung…

Meine letzte Messung war mit der Lampenreflexmethode: 700mm, f/4.67
(würde 2mm Pfeiltiefe entsprechen)
Allerdings ergab die Messung der Pfeiltiefe mit zwei Unterlegscheiben etwa 2,30mm bis 2,35mm, was einem Brennweitenbereich von ca. 600-610mm und somit einem Öffnungsverhältnis von f/4.0 bis f/4.07 entsprechen würde…

Irgendwo zwischen 600mm und 700mm scheint also die Wahrheit zu liegen, da beide Methoden ihre Vor- und Nachteile haben. Der Gesamtabtrag in der Spiegelmitte (also Pfeiltiefe) beträgt zwischen 0,4mm und 0,75mm - und das in 3 1/2 Stunden Spiegelschleiferei… ihr seht es geht nur sehr langsam voran… Glas ist seeeeehr geduldig.
Da ich den Spiegel auf ca. 450mm Brennweite (f/3) bringen möchte, steht noch viel Arbeit vor mir, da die benötigte Pfeiltiefe bei f/3 3,125mm beträgt und daher wohl noch etwa 1mm in der Spiegelmitte runtergeschliffen werden muss - vielleicht ist das in 2-3 Stunden mit Karbo 80 machbar, welches hoffentlich am morgigen Montag bei mir eintrifft.

Viele Grüße und happy grinding,
Tobi

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AW: Spiegelschleiftagebuch Revival

17. April 2008:
Diesen Dienstag kam das dringend benötigte Schleifzeugs und somit ein Säckchen voll mit Karbo 80 :).

Das Ergebnis nach der heutigen mehrstündigen Schleifsession ist folgendes:


Der Bohrer hat etwa 2,95mm Durchmesser am Ende und passt locker durch den planen Metallwinkel. Demnach ist die Vertiefung einiges tiefer als 3mm und somit lass ich mal die Vertiefung so wie sie ist.

Eine Messung mit der Lampe ergab 460mm bis 480mm Brennweite - somit beträgt das Öffnungsverhältnis zwischen f/2,97 und f/3,10.

Fazit: "Bohrertheorie" bestätigt, die Pfeiltiefe schätzte ich auf 3,1mm (= 480mm Brennweite). Tja, somit besteht die Grundlage für den schnellsten Spiegel in unserem Forum :D.

Wie gehts weiter? Als nächstes folgt der Schliff mit Karbo 180 um allmählich die Oberfläche zu verfeinern.

Viele Grüße und happy glasquäling,
Tobi

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Erdling

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WoW so schnell!!!

Gruß

Manuel K.
man1982

Die Freundschaft der meisten Menschen
ist nur eine Vorbereitung auf die Feindschaft.
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Etz´red i!
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AW: Spiegelschleiftagebuch Revival

Servus Tobi,

da hast du dir ein schönes Ziel gesteckt! :-)
Ich bleib auf jeden Fall dran und lese mit - hat ja schon beinahe Workshop-Charakter, dieses Thema. :)

Viele Grüße,
Peter
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AW: Spiegelschleiftagebuch Revival

19. April 2008

Heute ging es unverzüglich mit dem feineren Karbo 180 weiter. Zunächst schliff ich den Spiegel unten (genannt: TOT - Tool On Top), um vorzüglich den Randbereich des Spiegels von den Pits (Minikratzer) des Karbo 80 zu säubern. Dabei fiel mir auf, dass sich die Mitte des Tools nicht abnutzt, was aber bei TOT und kurzen Schleifstrichen mit 1/3 Überhang der Fall sein sollte. Zu Beginn hatte diese zentrale Zone einen Durchmesser von etwa 5cm und durch einige Chargen Karbo 180 verringerte sich der Durchmesser zunehmend und das Tool hatte zum Spiegel vollständigen Kontakt → Sphäre erreicht!

Durch diese Maßnahmen verlängerte sich die Brennweite geringfügig:
-Taschenlampenmethode: 500mm Brennweite → f/3,23
-Bohrermethode: 485mm Brennweite → f/3,13

Daher werde ich beim nächsten Schleifen mit dem Karbo 180 den Spiegel noch etwas aushöhlen und die sphärische Form beibehalten, um den Spiegel wieder etwas "kürzer" bzw. "schneller" zu bekommen. Es sind aktuell lediglich noch 2 Minikratzer von zwei Karbo 80-Körnchen zu sehen, die werden dann auch noch verschwinden… dann kann es mit dem nächstfeineren Karbo weitergehen.

@Peter: Ich liebe astronomische Herausforderungen ;).

Viele Grüße,
Tobi

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23. April 2008:

Heute war ich fleißig…
Zuerst folgte nochmal ein bisschen Aushöhlen mit Karbo 180 um den Spiegel noch einmal etwas schneller zu machen.
Es folgte der Schliff mit Karbo 360, insgesamt schliff ich je 3 Chargen TOT und je 3 Chargen MOT für jeweils ca. 2 Minuten, es waren also lediglich nur rund 12 Minuten reine Schleifzeit mit dem Karbo 360, dennoch war ich etwa 1 Stunde beschäftigt, da die Reinigung nach jeder Charge und das gelegentliche Messen der Brennweite "etwas" Zeit kostete. Nach den 6 Chargen Karbo 360 versuchte ich noch einmal die Spiegelbrennweite anhand der Lampenreflexmethode zu testen und testete dabei das erste Mal direkt auf dem Boden um so auf dem Meterband einigermaßen genau ablesen zu können. Das Ergebnis war ein Krümmungsradius von 920-930mm, was 460-465mm Brennweite entspricht… anders ausgedrückt: Punktlandung :D! Das Öffnungsverhältnis beträgt also zwischen f/2,97 und f/3,00 - vorausgesetzt meine Messung passt halbwegs ;).
Zum Abschluss des Tages fing ich mit dem 15? Microgrit (15 Mikrometer) an und schliff 10 Chargen (4 MOT & 6 TOT) zu je 2 Minuten.

Momentan habe ich etwas Sorgen was die Schleifdauer mit dem Karbo 360 anbelangt - ich denke fast, dass das ein bisschen zu wenig war, aber die Oberfläche sah nach der Zeit doch ziemlich gut aus… Im starken Gegenlicht sind noch einige Pits zu sehen die mit dem Microgrit sicher nicht mehr korrigierbar sind… ich habe aber keine Lust noch einmal zum Karbo 360 zurückzukehren, die paar Pits machen den Spiegel nicht unbedingt schlechter (wird ja "nur" ein Sucher) und die Schwierigkeit wird das Polieren… und das ist mir auch für die zukünftigen Projekte wichtiger als wie ein paar extrem kleine Löcher im Glas des "Suchers" ;).

Viele Grüße,
Tobias

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AW: Spiegelschleiftagebuch Revival

Scheint niemand großartig zu interessieren (wohl erst wenn das Teil fertig ist?!), aber ich schreibe hier nicht für mich, sondern für euch… daher ab jetzt nur noch stichwortartig.

26. April 2008
Rückkehr zu Karbo 320 - wollte doch noch die Pits rausschleifen.
Karbo 320 (14 bis 15 Uhr): 6x MOT, 6x TOT (je Charge 2min)

Weiterschleifen mit 25er Microgrit und nicht mit 15er Microgrit wie sonst immer, so geht das Schleifen schneller voran.
Microgrit 25? (15 bis 16 Uhr): 6x MOT, 7x TOT (je Charge 2min)

Weiter mit 15er Microgrit:
Microgrit 15? (16 bis 16.40 Uhr): 4x MOT, 4x TOT (je Charge 2min)

Nächste Abstufung: 9er Microgrit. Schleifgeräusch sehr leise, Spiegel wird allmählich durchsichtig, Mitte momentan durchsichtiger als Rand, obwohl vorwiegend TOT.
Microgrit 9? (16.45 bis 18.20 Uhr): 5x MOT, 15x TOT (je Charge 2min)

Weiteres Vorgehen: 9er Microgrit noch durchschleifen, v.a. Spiegelrand damit bearbeiten (weiterhin viel TOT), dann Spiegel nur kurz mit 5er und 3er Microgrit bearbeiten -> Polieren geht dann etwas schneller.

Bilder spar ich mir mal…

Viele Grüße,
Tobias

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Andromedanerin

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Tobias Dietrich;113520 hat gesagt

Scheint niemand großartig zu interessieren (wohl erst wenn das Teil fertig ist?!), aber ich schreibe hier nicht für mich, sondern für euch… daher ab jetzt nur noch stichwortartig.

Das stimmt nicht, mich interessiert es schon und ich lese es auch gerne, nur weiß ich nicht, was ich viel drauf sagen soll… mach auf jeden Fall weiter:up:
Wie lange dauert es noch, schätzt du, bis der Spiegel fertig ist, wie geht es danach weiter und wie sieht es mit dem großen Spiegel aus?

Whoopie!  Man, that may have been a small one for Neil,  but that's a long one for me. (Pete Conrad, als er am 19. 11. 1969 den Mond betrat)
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Mary;113524 hat gesagt

Wie lange dauert es noch, schätzt du, bis der Spiegel fertig ist, wie geht es danach weiter und wie sieht es mit dem großen Spiegel aus?
Der Spiegel wird definitiv diesen Sommer noch fertig, etwa die Hälfte ist durchs schleifen ja schon geschafft. Der heiklere Part an sich ist aber das Polieren und das Parabolisieren des Spiegels, daher steht mir doch noch ein bisschen was bevor. Danach werde ich dann logischerweise das Teleskop für den Spiegel bauen, ein schöner Spiegel bringt mir ja nichts, wenn er nur in einer Kiste nach der Fertigstellung herumliegt ;). Der große Spiegel… nunja, wird wohl noch etwas gehen… vielleicht wirds auch eine oder zwei Nummern kleiner (22" oder 20"), da schau ich einfach mal… Das nächste Projekt wäre aber erst einmal ein Fangspiegelschliff, das ist laut vielen Spiegelschleifern wesentlich schwieriger als ein guter Newtonspiegel realisierbar.

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27. April 2008

Heute wurde das Schleifen endgültig beendet! :)

Los ging es mit
Microgrit 9? (13.35 bis 14.15 Uhr): 10x TOT (je Charge 2min)
um den Rand nochmal etwas zu bearbeiten. Es folgte
Microgrit 5? (14.25 bis 14.55 Uhr): 5x MOT, 5x TOT (je Charge 2min)
und zum Abschluß das ultrafeine
Microgrit 3? (15.05 bis 15.30 Uhr): 3x MOT, 3x TOT (je Charge 2min)

Man muss es sich mal vorstellen: Die einzelnen Teilchen dieser Schleifmittel sind teilweise kleiner als ein Pixel einer Digicam - und davon sind heutzutage sogar 12 Millionen auf einem Chip von etwa 5x4mm! Man erreicht also so schon eine sehr feine Oberfläche, allerdings nicht fein im astronomischen Spiegelschleifsinn ;).

Zwischenzeitlich war die Fase am Spiegelrand praktisch gar nicht mehr durch den Abtrag vorhanden, was an sich nicht gut ist, da dann zu viel Druck auf der Spiegelkante ist und dabei Muschelbrüche entstehen - also Teilchen vom Spiegel absplittern können. So ists auch bei mir passiert:



Es hat sich ein Teil durch die nicht mehr vorhandene Fase abgelöst und ist zum Glück nicht zwischen Tool und Spiegel gekommen, denn sonst hätte es üble Kratzer gegeben. Trotzdem musste ich mir Gedanken machen - nachschleifen mit dem Schleifstein ist bei diesen feinen Körnungen nicht mehr möglich, da dann 100%ig noch mehr Muschelbrüche entstehen - daher entschied ich mich für K80 Schleifpapier für Holz und es funktionierte. Allerdings entstanden durch die Körner des Schleifpapiers hauchfeine Kratzerchen nahe der Kante und ich befürchtete, noch einmal zurück zu den gröberen Schleifmitteln kehren zu müssen. Probehalber schliff ich aber:
Microgrit 3?: 5x TOT (je Charge 2min)
und konnte glücklicherweise keine Kratzerchen mehr feststellen :).

Kein größeres Pit mehr zu sehen… es hat sich also doch irgendwo gelohnt noch einmal mit gröberem Karbo loszulegen… So ging es an die Vorbereitung für die Politur: Topf her, 28° optisches Pech rein, schmelzen und eine Pechhaut auf das Tool gießen. Das Pech stinkt bestialisch, eine Belüftung ist dringend zu empfehlen (ich glaube der Geruch ist nicht gesundheitsfördernd).



Nachdem das Pech ausgehärtet war, folgten mehrere Wasserbäder um die Pechhaut immer wieder aufzuweichen und Rillen mit dem Teppichmesser reinschneiden zu können. Die Rillen sollen beim Anpassen der Pechhaut an die Spiegelfläche verdrängtes Pech aufnehmen können (muss ja irgendwo hin das Zeugs…). Anschließend wurde die Pechhaut an die Spiegelfläche angepasst, d.h. das Pech wurde immer wieder im warmen Wasserbad erwärmt und der Spiegel mit vollem Körpereinsatz auf die Pechhaut gedrückt.
Nun kam etwas von dem in Wasser gelösten Ceri HPC Poliermittel auf die Pechhaut und der Spiegel wurde behutsam auf die Pechhaut gelegt. Eine Minute warten, Radio ausschalten und das Ohr ganz nah an den Spiegel und vorsichtig eine kleine Kreisbewegung gemacht - gut, kein Kratzen, also ist nichts zwischen Pechhaut und Spiegel. So polierte ich dann etwa 2 Minuten TOT und 2 Minuten MOT und konnte schon die ersten Polierfortschritte beobachten:



Der Spiegel zeigt hier im harten Gegenlicht (Blitz) erste Reflexe (den Umriss des Kamerablitzes) selbst von "oben", das war beim Feinschliff noch nicht der Fall und ist ein Anzeichen für eine halbwegs angepasste Pechhaut. Der Spiegelrand glänzt noch nicht so im Gegenlicht, nur lediglich etwa 80-90% des Durchmessers. Ich muss also noch den idealen "Polierstrich" suchen, damit der wichtige Rand besser bearbeitet wird.
Nach dem kleinen Polierversuch kam die Pechhaut in einen Topf der mit ausreichend Wasser gefüllt ist (damit die Pechhaut nicht austrocknet).

Viele Grüße,
Tobi

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Andromedanerin

AW: Spiegelschleiftagebuch Revival

Hallo,
gratuliere, dass du schon so weit bist. Wusste gar nicht, dass man Spiegel mithilfe von Pech poliert… interessant.

Mary

Whoopie!  Man, that may have been a small one for Neil,  but that's a long one for me. (Pete Conrad, als er am 19. 11. 1969 den Mond betrat)
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Mary;113530 hat gesagt

Wusste gar nicht, dass man Spiegel mithilfe von Pech poliert… interessant.
Pech hat man - oder nicht ;).

29. April 2008

Heute wollte ich mit dem Polieren so richtig loslegen und zunächst musste ich die Pechhaut an den Spiegel anpassen. Nach mehreren Warmpressdurchgängen ruckelte der Spiegel aber → Pechhaut sitzt nicht gut. Habe noch mal einige Warmpressdurchgänge gemacht und dann mit dem Polieren (TOT) losgelegt. Nach 9 Minuten habe ich es aber abgebrochen, da die Pechhaut einfach bockte. So schlug ich das Pech vom Tool runter und machte eine neue, wesentlich bessere Pechhaut die dann wunderbar saß :).
Es folgten 48 Minuten lang Spiegelpoliererei und am Ende sah das Tagesergebnis folgendermaßen aus:

Die groben Strukturen die man hier erkennt, sind Kratzer auf der Spiegelrückseite und stören nicht weiter, wenn man sich den Spiegel genauer anschaut, glänzt der Rand durch vorwiegendes TOT-Polieren einen Tick mehr als die Mitte.
Nach der Kafalis-Skala ist der Rand, wenn man ihn mit hoher Vergrößerung betrachtet, als 5 (mittleres Sternfeld) und die Spiegelmitte als 3-4 (Kugelsternhaufen - dichte Milchstraße) einzuschätzen. 1 war der letzte Stand vor der heutigen Poliersession, 10 bedeutet auspoliert - ich habe also in etwa so die halbe (Grob-)Polierarbeit erledigt ;). Nach dem Polieren folgt das sphärisch Machen und zum krönenden Schluß das Parabolisieren.

Viele Grüße,
Tobi

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AW: Spiegelschleiftagebuch Revival

Zur Übersicht mal die Stathis'sche Skala:
0. Feine seidenmatte Krateroberfläche. Glänzt nur im streifenden Licht. Ende Feinschliff
1. Glühbirnen Reflex auch bei senkrechtem Lichteinfall deutlich sichtbar, Fläche selbst erscheint noch seidenmatt
2. Erste glänzende Brücken zwischen den Pits
3. Kugelsternhaufen
4. Dichte Milchstraße
5. Mittleres Sternfeld
6. Lockeres Sternfeld
7. Ausgedünntes Sternfeld
8. Vereinzelte Pits
9. Ab und zu Pits noch zu finden
10. Auspoliert.



30. April 2008

Heute gings weiter mit der Politur.

Nach 20min MOT und 10min TOT hatte ich folgenden Stand auf der "Stathis-Skala":
Rand: 5, Mitte: 6

Weitere 20min TOT später sah es folgendermaßen aus:
Rand: 5-6, Mitte: 7

Und noch einmal 55min TOT und 5min MOT später so:
Rand: 8, Mitte: 8

Insgesamt warens heute 25min MOT und 85min TOT. Langsam wird es schwer mit dem umgredrehten Okular noch die Mikropits zu sehen, da es immer weniger werden und man mittlerweile den Lichteinfallwinkel der Lampe von unten dementsprechend variieren muss, damit man die Pits überhaupt noch aufleuchten sieht. Der Spiegel selbst ist mittlerweile komplett durchsichtig, die Oberfläche erscheint ohne weitere optische Hilfmittel als total glatt. Viel fehlt nicht mehr - dann ist das Teil komplett auspoliert und dann winkt die Sphäre ;).

Viele Grüße,
Tobi

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Astrofrüchtchen

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Hallo Tobi,

also mich interessierts, aber ich schreib nicht dauernd "Ach wie toll" :zunge:

Danke für die Skala, hatte mich schon gewundert. Jetzt versteh ichs :) Dann wünsch ich mal viel Pech :D ;)

Gruß Sabrina

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25. Mai 2008

Der Spiegel ist mittlerweile auspoliert, hatte es aber vergessen zu posten. Rand wie auch die Spiegelmitte liegen nun bei 10 von 10 Punkten auf der Stathis'schen  Auspolierskala :).

Nach einer längeren Pause (Abifahrt, Sabine, defekter Notebookfestplatte,…) ging es heute ans Parabolisieren des Spiegels - die letzten Nanometer Glas werden durch gezielte Bewegungen entfernt und hier wird sich zeigen, ob es ein exzellenter, guter, mittelmäßiger, schlechter oder absolut unbrauchbarer Teleskopspiegel wird… mein Ziel ist eine Oberflächenungenauigkeit von weniger als 30 Nanometer, was etwa 1/34.000mm Maximalabweichung entspricht.

Vor der eigentlichen Politur habe ich den Spiegel per "Everest Pin Stick" vermessen. "Everest Pin Stick" ist nichts anderes als ein Holzbrettchen mit eingeschlagenen Nägelchen, die die Zonen markieren, die im Foucaulttest vermessen werden. Die alternative ist eine "Coudermaske", die den Spiegel abdeckt und nur an ganz bestimmten Stellen (Radien) Ausschnitte hat, aber ich finde den Everest Pin Stick bequemer und er bietet mehr Sicht auf den Spiegel beim Foucaulttest.

Ich habe lediglich mit nur 3 Zonen gemessen. Ideal sind 8 oder 9 Zonen, aber die werde ich erst ganz zum Schluß hernehmen. Die Zonen haben folgende Radien (gerundet): 35mm, 56mm und 70.5mm. Der Radius des Spiegels selbst beträgt 77mm.

Bevor ich gezielt anfing zu Parabolisieren habe ich - wie bereits gesagt - den Spiegel erst einmal so vermessen:

Was sieht man hier? Erst einmal sind die drei Zonen im Diagramm als Z1, Z2 und Z3 markiert. Links ist die Skala für die Abweichung - man sieht, dass sich in der Mitte ein "riesiger" Berg mit rund 1300 Nanometern Höhe befindet und der Rand ebenfalls 1200 Nanometer hoch ist. Ideal wäre eine absolut flache Linie… daher musste ich nun beim gezielten Polieren vor allem die Spiegelmitte und den Rand bearbeiten und somit absenken/verkleinern. Ganz unten sind auch noch einige Informationen zum Spiegel zu sehen. Beispielsweise wird das "Strehl Ratio" (der Strehlwert) angegeben, aber das wird erst später interessant. Die Farbgebung der Fehlerskala zeigt übrigens das an, was gut (weiß), gerade noch so erträglich (gelb) und was viel zu groß (rot) ist.

Es folgte nun eine gezielte Bearbeitung des Rands und der Spiegelmitte:
-15min MOT (Spiegel oben) mit viel Überhang, um die Spiegelmitte stärker zu bearbeiten und den Berg zu entfernen
-5min Bearbeitung der äußeren ~15mm mit dem Daumen
-10min TOT (Spiegel unten) um die "Daumenpolitur" zu glätten.

Das Ergebnis:

-Zone 1 (35mm) hatte zu Beginn eine Abweichung von ca. 450nm, nun sind es ca. 260nm
-Zone 3 (70,5mm) hatte zu Beginn eine Abweichung von ca. 540nm und nun sind es hier ca. 240nm

Somit wurde schon einmal rund die Hälfte des Fehlers abgetragen :). Die Zonen sind zwar noch immer in den "roten" Zahlen, aber mit noch einmal der gleichen Bearbeitung wie oben dürfte ich mich schnell dem Ziel nähern… Nun ist aber erst einmal eine neue Pechhaut fällig, da die Alte übersättigt ist und zu Kratzern neigt… und nun werde ich mehr Zonen einsetzen müssen.

Vielleicht stellt sich jemand die Frage: Warum schon am Parabolisieren und nicht erst am Sphärisch machen? Ganz einfach: Die Ausgangssituation (erstes Diagramm) entsprach schon mehr der Parabel wie der Sphäre - daher kann ich mir die Arbeit ersparen.

Viele Grüße,
Tobias

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Peter Maier ist in der Nutzergruppe 'Moderatoren'

AW: Spiegelschleiftagebuch Revival

Danke für die ausführlichen Erklärungen. Ich glaub, nach so einer detailierten Entstehungsgeschichte eines Newtonspiegels kann man woanders lange suchen.
Auf jeden Fall verfolge ich die Sache weiter gespannt, auch wenn ich nicht viel dazu beitragen kann.

Für mich als Laien sieht der ganze Prozess schon recht professionell aus. Das Diagramm mit dem Höhenprofil erinnert mich grad irgendwie noch an einen Flaschenboden… ;)

Viel Spaß weiterhin dabei und noch guten Erfolg beim EK-Abi (hab ich auch mündl. gemacht… ;))

Grüße,
Peter
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AW: Spiegelschleiftagebuch Revival

02. Juni 2008

Der Spiegel lag längere Zeit nur herum, nachdem ich noch mal vor mehreren Tagen eine Poliersession eingelegt habe.

Es folgte erst eine neue Pechhaut und dann noch einmal das gleiche Bearbeitungsprogramm wie zuvor:
-15min MOT (Spiegel oben) mit viel Überhang, um die Spiegelmitte stärker zu bearbeiten und den Berg zu entfernen
-5min Bearbeitung der äußeren ~15mm mit dem Daumen
-10min TOT (Spiegel unten) um die "Daumenpolitur" zu glätten.

Die Messung ergab:


-Zone 1 (35mm) hatte zu Beginn eine Abweichung von ca. 450nm, nun sind es ca. 125nm
-Zone 3 (70,5mm) hatte zu Beginn eine Abweichung von ca. 540nm und nun sind es hier ca. 100nm

Die Fehler bewegen sich so langsam im gelben Bereich, allmählich nähere ich mich dem Moment, wo man mehr misst wie als am Spiegel herumpoliert ;).

Ganz interessant: Der Strehlwert liegt immerhin schon bei 0,101 Strehl - ab 0,800 Strehl kann man von einer "brauchbaren" Optik reden ;). Aber immerhin… bei der letzten Messung betrug er "nur" 0,032 Strehl ;).

@Peter: Danke :)

Viele Grüße,
Tobi

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Astrofrüchtchen

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Also wird das so ein super-duper-perfekter Spiegel oder wie darf ich das verstehen? ;)

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